plaudere
"How to deliver the perfect plaudit" titelte die FT am 8. April auf ihren Business-Life-Seiten - quasi die Rubrik Vermischtes&Denkwuerdiges dieses sonst fuer Launigkeit wenig beruehmten Blattes. In der Zehnpunkteliste setzte ich im Geiste neben jede der Positivaussagen ein rotes Kreuz im Gedenken an meinen Chef. Nicht der erste, aber hoffentlich der letzte auf meinem Weg, der stereotyp haargenau alle Kriterien verfehlt, die Motivationsfoerderung oder gutes Managergebahren im Allgemeinen definieren. Hier eine ungefaehre Uebersetzung meiner Schmerzenshitliste, eine Verkehrung der Forderungen, wie in der FT abgedruckt.
- Lob kommt besonders gut in allgemeinen und Mitarbeiter-unspezifischen Formulierungen an: "Ganz gut" ist eine klare Aussage. Beleidigen Sie die Mitarbeiter nicht, indem Sie deren spezielle Eigenschaften herausstellen. Man koennte das als versteckte Attacke interpretieren. Schwaches Lob hingegen erzeugt eine sichere Grundstimmung
- Sie muessen sich mit dem Gegenstand Ihres Lobes nicht unbedingt vorher im Detail auseinandergesetzt haben. Ein zu tiefes Eindringen in die Materie Ihrerseits hinterlaesst bei Ihren Mitarbeitern sehr schnell den Eindruck, Sie koennten womoeglich nicht genuegend anderes zu tun haben.
- Wenn Sie Lobesdrang in sich aufsteigen fuehlen, greifen Sie sich den naechsten besten Mitarbeiter. Es ist egal, ob dieser tatsaechlich die von Ihnen gepriesene Arbeit verrichtet hat. Wichtig ist doch nur, dass man seiner Begeisterung einmal Ausdruck verliehen hat. Es ist nicht notwendig, dass Sie jeden Ihrer Subordinierten auf dem Flur erkennen. Der Bueroklatsch sorgt gewiss zuverlaessig fuer die Verbreitung Ihrer Erguesse bis zum eigentlichen Adressaten. Besser spaet denn nie
- Schweigen als Alternative zu einem ungerechtfertigten Lob laesst Sie schnell oede und einfallslos erscheinen. Immer munter drauflosgelobt. Sie sollen zeigen, wieviel positive Energie Sie zu verstrahlen bereit sind
- Jeder macht mal Fehler. Auch katastrophale. Gerade in diesen Faellen ist das sogenannte Palliativlob angesagt. Mildern Sie das Leid des Gestrauchelten mit lyrisch leichten Lobgesaengen auf dass er den rechten Weg wiederfinde
- Effizienzerwaegung lassen die Erledigung vieler gleichartiger Aufgaben in einem Schwung sinnvoll erscheinen. Dies gilt natuerlich auch fuer Belobigungen. Lob im Giesskannenverfahren verteilt hat den Vorteil, dass alle Angesprochenen sich gegenseitig als zu einer Elite gehoerig erkennen und somit in Zukunft staerker kooperieren werden. Sollte ihre Preisung zu allgemein ausgefallen sein, haben Sie als Chef immer noch ausreichend Gelegenheit, wirklich leistungsstarke Mitarbeiter quasi im Anhang noch weiter herauszustellen. Nichts wirkt so punktgenau wie nimmer versiegende Nachgedanken.
- Belobigungen sollten grundsaetzlich auch als Einleitung fuer eine Gefallensbitte genutzt werden. Mit einem Vorschuss positiver Energie wird nicht nur Ihr Auftrag schnellstmoeglich erledigt werden, sondern der Mitarbeiter wird auch zukuenftige Annaeherungen Ihrerseits als stets positive Kunde zu werten wissen.
- Seien Sie in der Regel ueberschaeumend und lassen Sie Ihrem theatralischen Ich freien Lauf. Laute, erregte Darbietungen des Chefs sind der Mitarbeiterschaft ein Zeichen von Energie und Engagiertheit
- Man kann nicht oft genug loben. Und ueber den gruenen Klee sowieso.
- Flunkern Sie beim Loben ruhig ein wenig zugunsten des heiteren Klimas, das - ohnehin schon - in Ihrer Abteilung herrscht. Der psychologisch geschulte Untergebene wird verstehen, dass die Wahrheit relativ, gute Laune hingegen ein unabdingbares Absolutum ist.
kakau - 22. Nov, 14:30
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